Haltbarkeit "aktueller" Automatikgetriebe

teradsi

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Einen schönen guten Abend in die Runde :smilenew:

Aus aktuellem Anlass (eine hitzige Diskussion heute auf der Arbeit) möchte ich oben genanntes Thema zur Diskussion stellen. Die These des ein oder anderen Verschwörungstheoretikers lautete heute, dass "aktuelle" Automatikgetriebe (sei es von ZF, Mercedes oder anderen üblichen Verdächtigen und nicht älter als 5-10 Jahre) regelmäßig nach 150-200tkm vom Zeitlichen gesegnet werden, da die Hersteller es darauf anlegen. Da nach meinem Eindruck hier im Forum viele Nutzer ordentlich Expertise aufzuweisen haben, denke ich, an der richtigen Stelle zu sein :smilenew:
Mal als Eingangsfrage, die mich beschäftigt: habt ihr schon öfter von Automatikgetriebetypen gehört, die nach o.g. Fahrleistung die Zähne ausspucken?

Ich würde mich über eure Meinungen freuen!

Beste Grüße
Christian
 
Hmmm....also explizit von "explodierenden" Getrieben habe ich noch nicht so viel gehört aber auf der anderen Seite würde es ganz gut zur Sparte "geplante Obsoleszens" passen. Zum einen sind die Berechnungsmethoden, um Sachen auf eine gewisse Mindestlebensdauer in zu entwickeln, nochmals besser geworden, als vor 10-20 Jahren. Von daher kann das durchaus hinkommen, dass wenn die Automaten auf 200.000km entwickelt werden, diese dann auch in diesem KM-Bereich das zeitliche segnen.
Auf der anderen Seite ist ein Getriebe schon ein echter Kostenfaktor (bspw. wie ein Motor) weswegen ich dann doch eher davon ausgehe, dass derlei Teile "robuster" ausgelegt werden, als bspw Querlenker (3er BMW´s) oder andere Fahrwerkskomponenten.

Natürlich gibts auch so Ausnahmefälle wie bspw ein SMG II aus nem M5/6 wird wahrscheinlich bei 150-200k km schon recht abgenudelt sein, wenn es regelmäßig auch im härtesten Programm genutzt wurde aber das liegt halt an den nicht alltäglichen Kräften, die da wirken. ;-)

Aus eigener Erfahrung bzgl. Audi A8 D3 3.0TDI von 10/2008, kann ich sagen, dass wir diesen mit 190.000km auf der Uhr, vor 1 Monat verkauft haben und das Getriebe zu diesem Zeitpunkt immer noch butterweich schaltete. Im Allgemeinen, war das Auto sehr zuverlässig, abgesehen vom Reifenverschleiß.


gruss Robert
 
Zum einen sind die Berechnungsmethoden, um Sachen auf eine gewisse Mindestlebensdauer in zu entwickeln, nochmals besser geworden, als vor 10-20 Jahren.

Also ich hab noch keinen Betrieb kennen gelernt, bei dem nicht die Lebensdauer in "echt" erprobt wird.
Diese theoretische Berechnerei ist schon mehr als einmal in der Praxis rechts überholt worden.
In jeweils beide Richtungen.
 
naja in mein 2 Semestern MaBau hatte unsere Prof gesagt, dass in den letzten ~15Jahren, gerade auf dem Gebiet der Werkstoffttechnik, sehr viele neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Seine Aussage bezog sich auf Metalle, deren Bearbeitung, Mischungsverhältnisse usw.

Von der Warte her, halte ich es zumindest nicht für ausgeschlossen, dass sowas nicht nur im positiven angewendet wird aber wie ich schon schrieb wohl eher nicht bei Getrieben.


gruss Robert
 
Es gehört aber mehr dazu, als nur über Werkstofftechnik usw. ein Getriebe auszulegen.
FEM-Simulationen sind schön und liefern gute Ergebnisse, aber ich bezweifle stark, dass es möglich ist, ein Getriebe so zu entwickeln, dass es bei 250.000km definitiv in die Knie geht.
Wechselnde Lastspiele, Thermische Bedingungen können zwar simuliert werden, allerdings wird es immer Belastungen geben, die in der Simulation zu stark/zu schwach angenommen werden.

Wären wir an diesem Punkt in der Entwicklung, an dem über Simulationen und "technologische Faktoren" 100% zuverlässige Aussagen treffen lassen, bräuchten wir keine Prototypen und Erprobungen.

=> Das wird noch etwas dauern, fürchte ich...


Wovon ich berichten kann, ist das ZF-Getriebe aus dem E39 hier und da sehr große Probleme mit dem Steuergerät hat. Überlegt man sich, das ein neues Steuergeräte auch richtig ins Geld gehen kann, sind das auch häufige Ursachen für "Defekte".
 
Ich hab meinen kompletten praktischen Studiumsabschnitt bei einem Hersteller von einer Haupt-Komponenten de ZF Automatgetriebe gemacht. Da kamen einige Produkte routinemäßig (nach Prüfstand und Kundeneinsatz) zum "obduzieren" zurück. Uns wurden in der Abteilung mal Bauteile gezeigt, die schon mehrere 100tkm in Fahrzeugen verbaut waren. Manche sogar mit Leistungssteigerung.
Die Bauteile waren alle soweit i.O..

Was ich noch sagen kann: ZF bietet ein Ölwechselkit für seine Automatikgetriebe offiziell an - ich würde das alle 100tkm verwenden. In der Fertigung wird sehr viel Wert auf Sauberkeit gelegt.
Doch ich vermute, dass die Reiblamellen (im Getriebe und Drehmomentwandler) einen stetigen Verschleiß unterliegen. Zudem nehmen die Schaltvorgänge selbst seit der 2. Generation der 6 Gang Automatik (ca. 2006) zu, was meiner Meinung nach die Reiblamellen noch stärker belastet. Daher, Öl einfach wechseln lassen und gut ist :)

Das mal ein 8HP Getriebe ausfällt - BMW verbaut im Jahr ca. eine Million Stück.
 
naja in mein 2 Semestern MaBau hatte unsere Prof gesagt, dass in den letzten ~15Jahren, gerade auf dem Gebiet der Werkstoffttechnik, sehr viele neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Seine Aussage bezog sich auf Metalle, deren Bearbeitung, Mischungsverhältnisse usw.

Von der Warte her, halte ich es zumindest nicht für ausgeschlossen, dass sowas nicht nur im positiven angewendet wird aber wie ich schon schrieb wohl eher nicht bei Getrieben.


gruss Robert
Das sind aber schon 2 Paar Schuhe.
Ich kann nur für den Bereich Entwicklung Motormechanik sprechen. Dort werden durchaus dynamische Lastfälle simuliert um in der Designphase die konstruktiven Maßnahmen rechnerisch ab zu sichern. Da gibt es aber eine ganze Reihe von Einschränkungen. Zum einen ändert sich an den Designs aus hunderttausend verschiedenen Gründen immer wieder was auch nach der Berechnung. Die Änderungen hast du dann rechnerisch nicht abgebildet. Könnte man machen aber - und das ist ein weiterer Punkt - je mehr Parameter du in der Rechnung hast desto länger dauert das. Und da reden wir schnell mal von Tagen und Wochen, selbst wenn man das Rechencluster eines großen OEMs verwendet. Dazu kommt, dass man die finalen Einbaufälle oft nicht kennt und damit auch die Schnittstellen in Lage, Schwingungsverhalten, usw. nicht ausreichend genau definieren kann.
Wenn ich das mal auf Getriebe übertrage gehe ich schwer davon aus, dass man in der Lage ist das Verschleißverhalten von Räderpaaren und ähnlichem zu simulieren. Ein gesamtes Getriebe auf dynamische Lastfälle hin, mit Aussagen zur Lebensdauer zu untersuchen halte ich allerdings für "etwas" ambitioniert.

Letztlich weiß man erst was Phase ist, wenn die ersten Prototypen da sind und man das unter halbwegs realen Bedingungen zumindest an einem Prüfstand testen kann. Und auch dann kann man noch keine Aussagen über die Güte des Serienprozesses machen.
 
Das sind aber schon 2 Paar Schuhe.
Ich kann nur für den Bereich Entwicklung Motormechanik sprechen. Dort werden durchaus dynamische Lastfälle simuliert um in der Designphase die konstruktiven Maßnahmen rechnerisch ab zu sichern. Da gibt es aber eine ganze Reihe von Einschränkungen. Zum einen ändert sich an den Designs aus hunderttausend verschiedenen Gründen immer wieder was auch nach der Berechnung. Die Änderungen hast du dann rechnerisch nicht abgebildet. Könnte man machen aber - und das ist ein weiterer Punkt - je mehr Parameter du in der Rechnung hast desto länger dauert das. Und da reden wir schnell mal von Tagen und Wochen, selbst wenn man das Rechencluster eines großen OEMs verwendet. Dazu kommt, dass man die finalen Einbaufälle oft nicht kennt und damit auch die Schnittstellen in Lage, Schwingungsverhalten, usw. nicht ausreichend genau definieren kann.
Wenn ich das mal auf Getriebe übertrage gehe ich schwer davon aus, dass man in der Lage ist das Verschleißverhalten von Räderpaaren und ähnlichem zu simulieren. Ein gesamtes Getriebe auf dynamische Lastfälle hin, mit Aussagen zur Lebensdauer zu untersuchen halte ich allerdings für "etwas" ambitioniert.

Letztlich weiß man erst was Phase ist, wenn die ersten Prototypen da sind und man das unter halbwegs realen Bedingungen zumindest an einem Prüfstand testen kann. Und auch dann kann man noch keine Aussagen über die Güte des Serienprozesses machen.


Belastungsspitzen übernimmt der im Drehmomentwandler vorhandene Torsionsdämpfer. Ist die Belastung generell zu hoch, versucht man mit der durchrutschenden Wanderüberbrückungskupplung das Getriebe vor der Überlast zu schonen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Belastungsspitzen übernimmt der im Drehmomentwandler vorhandene Torsionsdämpfer. Ist die Belastung generell zu hoch, versucht man mit der durchrutschenden Wanderüberbrückungskupplung das Getriebe vor der Überlast zu schonen.
Belastungsspitzen für einzelne Bauteile werden sich trotzdem nicht verhindern lassen z.B. bei Schaltvorgängen.
 
Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege. Meiner Meinung nach gibt es in so einem Getriebe zwei Abnutzungsvorgänge: Verschleiß und Ermüdung.
Wie man bei einer Bauteilauslegung mit Verschleiß umgeht, weiß ich nicht.
Um der Ermüdung beizukommen, macht man ja eine Betriebsfestigkeitsrechnung. Das Problem mit der Betriebsfestigkeit ist IMHO, dass es sich um eine statistische Methode zur Abschätzung der Bauteillebensdauer handelt. Wenn ich mein Bauteil auslege, dass es mit 90%iger Wahrscheinlichkeit bei einem definierten Lastkollektiv hält, kann es eben trotzdem auch schon "bei der Hälfte" ausfallen. Und wenn ich nun ein PKW Getriebe auslegen will, muss ich mir erst ein Lastkollektiv erstellen, von dem ich nachher ausgehen will. Und dieses Lastkollektiv kann vielleicht den durchschnittlichen Autofahrer abbilden, muss aber trotzdem nicht für die meisten Autofahrer gelten (Durchschnitt vs. Median). Und selbst wenn ich beim Lastkollektiv vom Renneinsatz ausgehe, kann mir die Statistik nachher immer noch einen Strich durch die Rechnung machen, weil das Getriebe trotzdem in Einzelfällen bei geringerer Belastung ausfällt.
Jetzt bin ich glaube ich etwas abgeschweift, aber ich lasse es trotzdem mal stehen :confusednew:

Wo ihr das mit dem Getriebeöltausch ansprecht, stellt sich mir die Frage, ob man die Getriebelebensdauer durch einen Getriebeölwechsel erstens signifikant steigern kann und zweitens, ob es mir das Wert wäre (wenn das Getriebe statt 500tkm dann 1Mio km hält, kann einem das in den meisten Fällen ja relativ egal sein...). Aber das rauszufinden, bedarf wohl einiger sehr sensibler Daten :pfeif2:
 
Da ein Getriebeölwechsel (zumindest bei der Generation e39, bei neueren Autos bin ich nicht im.Bilde) nun wirklich kein Hexenwerk ist umd das Öl ja quasi kaum teurer als Motoröl ist, wechselt man es einfach und diskutiert da nicht lange rum. Obwohl man beim Balssen bei weitem nicht die gesamt Ölmenge aus dem Wandler bekommt, wirkt so ein Wechsel manchmal Wunder.
Autobild hatte ja letztens.einen e39 mit fast 1 Million km in den Dauertest genommen, mit dem ersten Getriebe.

Jegliche Berechnung steht und fällt mit der Nutzung. Die Hersteller werden sicherlich darauf achten dass ein Auto unter widrigsten Bedingungen innerhalb der Garantiezeit nicht ausfällt. Ohne die Berechnungsmethoden zu kennen, denke ich, dass dies möglich ist. Danach entscheidet der Umgang mit dem Getriebe über die Lebensdauer.
 
Und beim Autobild-E39 wurde das Getriebeöl regelmäßig gewechselt?
 
Damit ist es sicherlich nichtviel teurer als ein normaler Ölwechsel und halb so viel wie die kleine Inspektion oder :D
Lifetime Füllungen gibt es nicht, für Hersteller ist eben Lifetime was anderes, als für jemanden der ein Auto länger als 10 Jahre fahren will.
Da brauch man sich nicht streiten, wer der Meinung ist, dass mans nicht braucht weil der Hersteller es sagt, der solls nicht machen, dann aber nicht jammern wenn es unsauber schaltet/kaputt geht.
 
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